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05.07.2006:
Geschafft, wir sind in der weit nach Südwesten offenen Ankerbucht von Porlamar/Isla de Margarita angekommen. Die Skyline hinter dem mit Palmen bewachsenen Sandstrand erinnert mit den bis zu 20 Stockwerken hohen Wohnsilos und Hotels ein wenig an New York und lässt nicht gerade ein „karibisches Feeling“ aufkommen. Da die Isla de Margarita auf 10°57’ Nord und somit weit südlich der Hurrikan-Zugbahnen liegt, gilt dieser Ankerplatz als sicher, aber auch als sehr rollig, denn der östliche Wind passt nicht zu dem Schwell, die aus Südost in die Bucht hinein steht. Juan, der an der Nordostseite der Bucht ein Büro und einen bewachten Dingi Steg betreibt, übernimmt für uns die Einklarierung beim Hafenamt in Pampatar für 150.000 Bolivares (50 €) und erläutert uns ausführlich die Sicherheitslage und wie man sich in der Großstadt Porlamar zu verhalten hat. Danach geht es uns wie fast allen Neuankömmlingen und wir fragen uns, warum wir denn überhaupt hierher gekommen sind? Hurrikansicherheit hin oder her, wenn man nach Juan's ausführlicher Belehrung nicht mal allein in die Stadt gehen kann, keinen Rucksack, kein Foto mitführen, immer ein Taxi für die Fahrten in die Stadt nehmen und die Einkäufe am besten nur mit den von Juan arrangierten Busfahrten zu den Supermärkten machen sollte, dann muss man ernsthaft darüber nachdenken, ob dies der geeignete Aufenthaltsort für die nächsten drei bis vier Monate ist. Die Stimmung sinkt erst mal auf Null, denn auch das Einklarierungsprozedere dauert von Freitagmorgen, Abgabe der Papiere, bis Dienstagnachmittag, bis wir dann endlich das offizielle Permit für die nächsten 6 Monate erhalten. Am Montag musste Helmut als Skipper dann auch noch eine Unterschrift in Pampatar vor dem Hafenkapitän leisten, was wiederum einen halben Tag in Anspruch nahm.

Nachdem wir mit Ulli und Gerdi, die schon 1 Woche vor uns hier eingetroffen sind, die ersten Erkundungsgänge durch die Millionenstadt Porlamar mit der Vielzahl von Einkaufsstraßen und riesigen Einkaufszentren unternommen haben, relativieren sich die Befürchtungen und Ängste. Wir fühlen uns weder bedroht noch Gefahren ausgesetzt, denen wir nicht auch in einer deutschen Großstadt ausgesetzt wären. Überall in den Straßen sind Sicherheitspolizisten, städtische und überregionale, anzutreffen, die ganz offensichtlich die Kriminalität unter Kontrolle halten, so dass wir uns vollkommen ungezwungen bewegen können und das pulsierende Geschäftsleben auf dem Plaza de Bolivar beobachten können. Überall wird verkauft und Ware von fliegenden Händlern angeboten, sogar an den stark befahrenen engen Straßen der Innenstadt sind Stände aufgebaut, wo den ganzen Tag über Hotdog, Arepas und andere Leckereien verkauft werden. Wir lassen uns einen frisch gepressten Orangensaft (mindestens 5 bis 6 große Apfelsinen) schmecken und sind sichtlich guter Laune, besonders nachdem wir für 2 kg frische Rinderlende 39.000 Bolivares, das sind 13 € bezahlt haben. Da werden wir doch ab sofort selbst das Gulasch aus Rinderlende zubereiten. Aus Sicherheitsgründen sollte man hier nicht mit Kreditkarten, sondern alles in bar bezahlen. Da hat man dann auch einen besseren Umrechnungskurs und so wechseln wir unsere US$ in die Landeswährung Bolivares, mit der Folge, dass wir einen dicken Packen 20.000 BS Scheine in der Tasche haben und das erste Mal im Leben (Bolivares) Millionäre sind.

Isla de Margarita

Die Perleninsel

Isla de Margarita

Etwa 20 Kilometer vor dem südamerikanischen Festland liegt vor Venezuela die Insel der Perlen, griechisch Margarita. Obwohl es hier Jahrhunderte lang tatsächlich Perlen wie Sand am Meer gab, haben sie mit der Namensgebung nichts zu tun. Christoph Kolumbus, wer sonst, benannte das Eiland auf der Rückkehr von seiner dritten Reise in die neue Welt zu Ehren der Gemahlin des spanischen Thronfolgers, Prinzessin Margaret von Österreich. Kolumbus selbst betrat die Insel nie.

Margarita ist die größte von 70 Inseln, die zum Staat Nueva Esparta von Venezuela gehören. Porlamar ist die größte Stadt, die Hauptstadt heißt La Asuncion.

Simón Bolívar (1783-1830) war die führende Figur im Unabhängigkeitskampf der südamerikanischen Kolonien von der spanischen Herrschaft. Er befreite Venezuela und Neugranada, Ecuador und Peru, schuf die Republik Bolivien und die Konföderation Groß-Kolumbien. 1813 war er zum Libertador, „Befreier”, proklamiert worden. Sein Denkmal findet man in jeder Stadt, auf dem "Plaza de Bolivar".

11.07. 2006
Um einen Eindruck von der Insel Margarita zu bekommen, buchen wir zusammen mit Gerdi, Ulli, Marja und Axel bei Maria, der venezuelanischen Freundin von Peter (SY Pinoccio), eine Inselrundfahrt. Pünktlich um 8.00 Uhr sollte es losgehen. Wir schaffen es tatsächlich rechtzeitig mit Rucksack, Mülltüte, Wäschesack für die Wäscherei und  Reise- und Sprachführer im Dingi vom Schiff aus loszufahren. Doch was ist das, vor dem Dingisteg ist wie immer nur wenig Wassertiefe, aber heute brechen sich die Wellen mit einer Höhe von 50-60 cm an der Flachstelle links vom Steg. Ehe wir richtig realisieren, was da gerade passiert, werden wir mit der Breitseite des Dingis von solch einer Welle erfasst und kentern mit unserem ganzen Krempel. Zum Glück ist das Wasser nur 50 – 70 cm tief an dieser Stelle und wir waten triefend nass, aber ohne Brillen- und sonstige Verluste bis an den Steg, der nur 50 Meter entfernt ist. Der Wäschesack, der ja sowieso bei Juan für die Wäscherei abgegeben werden sollte, saugt sich voll Salzwasser und wird immer schwerer und der kleine Außenborder ist verstummt. Der Schreck ist uns mächtig in die Glieder gefahren. Am Steg angekommen startet Helmut sofort den Außenborder und der springt auch tatsächlich wieder an. Wir lassen den Außenborder unter Ullis Aufsicht weiterlaufen und fahren mit Peter’s Dingi zum Schiff zurück, um uns frische Klamotten anzuziehen. Gerdi und Marja trocknen in der Zwischenzeit mit Servietten zwischen den einzelnen Seiten meinen Sprach- und Reiseführer. Wir lassen uns aber unsere Laune nicht verderben und erleben trotz dem verpatzten Start einen herrlichen Tag. Das erste Ziel ist das Museo Marino in Boca del Rio mit einem Meerwasseraquarium, Muschelausstellung, alles Wissenswerte über den einheimischen Fischfang und den Bootsbau auf der Halbinsel Macanao, reichhaltige Exponate der Flora und Fauna der Insel Margarita und Venezuelas. Hier sollte man sich noch mehr Zeit lassen, oder einfach noch mal hinfahren. Wenn Familie Kipp uns besuchen kommt, werden wir da sicher noch mal hingehen. Weiter geht es an der Laguna la Restinga, einem ausgedehnten Mangrovengebiet, entlang nach Juangriego im Nordwesten der Insel. Von der kleinen Festung el Fortin de la Galera hat man einen schönen Blick über die weite Bucht bis hinüber zur Peninsula (Halbinsel) de Macanao. Diese Festung hat eine wichtige Rolle im Kampf um die venezuelanische Unabhängigkeit gespielt. Im Jahr 1815 wurde die gesamte spanische Garnison von den Freiheitskämpfern um Bolivar, der in Haiti im Exil war, überfallen und getötet. Das nun vorhandene Bollwerk diente den in 1816 zurückkehrenden 4000 Rebellen mit ihrem Anführer Bolivar als Stützpunkt, wo er eine kleine Armee aufstellte und nach Carupano zog. Der Freiheitskrieg ging weiter und 1817 eroberte der spanische General Pablo Morillo das Fort zurück und metzelte hunderte von Patrioten nieder. Es wird erzählt, dass die Lagune, die man nach Nordosten sehen kann, nach dem Gemetzel voll mit Blut gelaufen war. Die Lagune hat den Namen „Laguna de Los Mártires (Lagune der Märtyrer).

Eine kleine Welle wirft uns einfach um. Pech, dass wir in diesem Moment der Dünung unsere Breitseite zeigten. Der kleine 2 PS-Motor war nicht in Lage uns schnell genug in den richtigen Winkel zur Welle zu stellen. (Bilder: Ulli Schöllhorn)
Landes-Polizei per Rad in der Innenstadt von Porlamar
Personenüberprüfung durch die Stadtpolizei
Straßenhändler in Porlamar. Alle versuchen irgendetwas zu verkaufen